Geplant war ein ruhiges Sabbatical – doch unvermittelt findet sich der Zürcher Rabbiner Gabriel Klein in einem Mordfall wieder. «Die Welt ist voller Propheten, die ihren Tuches (jiddisch: Hintern) nicht hochkriegen», stellt der Rabbi fest. Zu diesen gehört er selbst nicht – das hat er in den beiden ersten Krimis bewiesen, in denen er beherzt ins Geschehen eingriff, statt gemächlich seinen geistlichen Tätigkeiten nachzugehen.
Ein Toter taucht auf
Diesmal verschlägt es Rabbi Klein nach Basel, wo er sich in seiner Auszeit an der Universität der Übersetzung eines Buchs aus dem 16. Jahrhundert widmen will. Das Zimmer teilt er sich mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Lucian, der mit Herzblut das Phänomen des «Komischen Kauzes» erkundet. Sein eigenes Forschungsobjekt, die hebräisch-lateinische Streitschrift zwischen einem Juden und einem Christen über die Ankunft des Messias, vermag den Rabbi jedoch nur zu Beginn in seinen Bann zu ziehen.
Schon bald wird er in der jüdischen Gemeinde in Basel um Rat gefragt, da einiges im Argen liegt: Als Klein für den Burnout-geplagten Basler Rabbi einspringt, um ihn bei einem Gemeindeschabbat zu vertreten, wird er in derselben Nacht mit einem Toten konfrontiert. Der prominente jüdische Anwalt Stéphane Hutmacher wird mit einer Kugel im Kopf aufgefunden. Der Verdacht fällt bald auf den Kantor Jedidia Strumpf. Die beiden hatten offenbar noch eine Rechnung offen. Oder geht der Mord auf das Konto einer Horde Skinheads, die sich zur Tatzeit in der Gegend befanden? In diesem Fall hätten die Sicherheits-Vorkehrungen versagt, obschon sie bei jüdischen Veranstaltungen extrem hoch sind. Informationen zu Anlässen werden etwa nur per Briefpost verschickt.
Rabbi Klein lässt sich von der Polizei einspannen, um tiefer zu graben. Dabei gerät er in Konflikt mit seinen gegensätzlichen Rollen als Trost spendender Geistlicher und Detektiv. Zur Seite steht ihm seine kluge Frau Rivka, die den Rabbiner auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen vermag. Ihren Rat, «diese Basler ihre Probleme alleine lösen zu lassen», befolgt er allerdings nicht …
Spitzfindiger Humor
Alfred Bodenheimer, der an der Universität Basel als Professor für jüdische Literatur- und Religionsgeschichte tätig ist, gelingt es in seinem neuen Krimi «Der Messias kommt nicht» wiederum, religionsphilosophische Gedanken mit Unterhaltung und Spannung bis zum finalen Showdown zu verknüpfen. Die alte Schrift, an welcher Rabbi Klein forscht, trägt gar ihren Teil zur Lösung des Falls bei.
Auch der feine, spitzfindige Humor kommt nicht zu kurz: Der Autor kennt den universitären Betrieb mit all seinen Rivalen- und Machtkämpfen so gut wie den «Daig» seiner Heimatstadt Basel, der Nachforschungen behindern kann. Zudem teilt er manchen Seitenhieb auf die Verflechtungen und Intrigen in der jüdisch-orthodoxen Gemeinde aus. Einen solch unverkrampften Einblick in das jüdische Leben in der Schweiz erhält der Aussenstehende selten.
Buch
Alfred Bodenheimer
«Der Messias kommt nicht»
208 Seiten
(Nagel & Kimche 2016).
Alfred Bodenheimer und Diplomat Tim Guldimann im Gespräch mit Röbi Koller und Mona Vetsch
Mo, 4.4., 20.00 Kaufleuten Zürich