Das Wahnhafte bleibt. Nachdem sich Elmar Weingarten 2016 mit dem Thema «Dada – zwischen Wahnsinn und Unsinn» von den Festspielen Zürich verabschiedet hat, setzt sein Nachfolger nun auf «Schönheit und Wahnsinn». Alexander Keil ist überzeugt: «Ein provozierendes Thema, das aber gut zu Zürich passt.» Offensichtlich, denn ganze 31 Kulturinstitutionen aus den Bereichen Theater, Musik, Kunst, Literatur und Film beteiligen sich an den «wahnsinnig schönen» Festspielen 2018. All diese verschiedenen Häuser und Veranstalter an einen Tisch zu bringen, um mit ihnen ein Programm zu entwickeln, ist eine Aufgabe nach Keils Gusto.
Ein Organisierer und Programmierer
Im Jahr 1982 im sächsischen Meissen geboren, studierte Alexander Keil Musiktheaterregie in Hamburg sowie Kulturmanagement an der Zeppelin-Universität von Friedrichshafen. «Obwohl ich immer Regisseur werden wollte, fand ich zunehmend Geschmack am Organisieren und Programmieren», sagt Keil. Ausleben konnte er dies unter anderem an den Bayreuther Festspielen und ab 2012 im künstlerischen Betriebsbüro des Zürcher Schauspielhauses. «Ich habe dort alles erledigt, für das sich keine andere Abteilung zuständig fühlte», sagt er.
Beste Voraussetzungen also für den integrativen Job eines Festspielleiters. Wobei: «Die letzten 18 Monate arbeitete ich eng mit Belén Montoliú zusammen», betont Keil. Die spanische Künstlerin ist Kuratorin der Festspiele 2018 und verantwortet etwa die Anlässe auf dem Münsterhof. «Ich will die Festspiele öffnen», erklärt er. «Auf dem Münsterhof gibt es erstmals eine Reihe von Gratis-Veranstaltungen, aber auch Raum für Begegnung und Entspannung.» Zur Eröffnung am 2. Juni etwa ein Chorfestival, eine knappe Woche später das Open-Air-Konzert des Tonhalle Orchesters unter Lionel Bringuier mit Weltklassepianistin Yuja Wang.
Den Sinn der Festspiele sieht Keil darin, dass sich die lebendige und vielfältige Zürcher Kulturszene präsentieren kann. «Mit dem Münsterhof bieten wir eine zusätzliche offene Plattform und laden alle ein nach dem Motto: Kommt her und schaut!»
Schon in seiner Zeit am Schauspielhaus trieb den Wahlwinterthurer Alexander Keil die Frage um: «Warum kommen so wenige meiner Freunde ins Theater?» Also wurde er aktiv und lancierte mit einer Dramaturgin den «Club diskret» mit niederschwelligen Aktionen. Mit Erfolg: 2015 wechselte Keil zu den Festspielen, 2016 übernahm er deren Geschäftsführung. Seiner ersten «eigenen» Ausgabe sieht er freudig, aber auch spannungsvoll entgegen. «Ich bin neugierig, wie die Menschen auf den Münsterhof reagieren», sagt er und verspricht überraschende Erlebnisse und Einblicke.
Festspiele Zürich
Fr, 1.6.–So, 24.6.
Eröffnungsfest
Sa, 2.6., 14.00 Münsterhof Zürich
www.festspiele-zuerich.ch
Alexander Keils Kulturtipps
TV
«Bad Banks»
«Die TV-Serie erzählt die Entstehung eines Börsencrashs. Eine spannende Analogie zu unserer Gesellschaft.»
www.zdf.de/serien/bad-banks
KUNST
«Fashion Drive»
«In der Ausstellung des Zürcher Kunsthauses habe ich die Bilder von Felix Vallotton neu entdeckt. Sie sind direkt und wirken fast fotografisch.»
Bis So, 15.7., Kunsthaus Zürich
CD / KONZERT
Melody Gardot
«Mich packt die zarte Traurigkeit dieser jungen Singer- Songwriterin aus den USA. Ihre Melancholie gründet in einem schweren Verkehrsunfall. Ich werde ein Konzert ihrer aktuellen Europatournee besuchen.»
Melody Gardot: Live in Europe (Decca 2018)
Mi, 25.7., 20.00 KKL Luzern