Er hasst Klischees, wirkt auf den ersten Blick aber selbst ein bisschen wie eines. Der Schauspieler Alexander Albrecht wurde durch die Netflix-Serie «Das Damengambit» international bekannt. Nun sitzt er in einer Engadiner Blockhütte, hinter ihm hängt ein altes Grizzlybärenfell an der Wand. Während des Zoom-Gesprächs zieht er immer wieder an seiner E-Zigarette. Nach Stationen wie Berlin und New York ist er nach St. Moritz heimgekehrt. Hier will der 38-Jährige eine neue Theaterszene schaffen.
«Es gibt bereits tolle Stücke auf Rätoromanisch oder vom Lyceum. Was fehlt, ist Entertainment mit Tiefgang im Stil eines Zürcher Schauspielhauses oder des Broadways.» Solch ein Stück will Albrecht mit dem Verein Alpine Theater Company (ATC) nun jeden Winter produzieren.
Ihn interessiert Mozarts wilder Charakter
Den Startschuss macht «Re:Mozart», eine Adaption von Alexander Puschkins Einakter um Mozart und Salieri, inszeniert von Felicitas Heyerick. Albrecht ist gleichzeitig künstlerischer Leiter und spielt den Mozart. Die Stückfassung stammt aus der Feder von Bühnenpartner Alexander Moitzi, der Salieri verkörpert. Inspiration zieht die Gruppe aus dem «Amadeus»- Film von 1984 und eigenen Recherchen.
Komponist Robert Emery ist laut Albrecht als sechster Meisterschüler in Mozarts Reihe quasi ein musikalischer Nachfahre. Er und Moritz Schneider sorgen für die musikalische Untermalung von «Re:Mozart». Albrecht sagt, das Stück ergründe den Mythos um Mozarts Tod. Ihn persönlich interessiere jedoch auch der wilde Charakter des Komponisten. «Mozart war eine Sau», fasst Albrecht zusammen. «Er war trotz des Genies unmöglich im Umgang. Das will ich zeigen.
Aber auch seine innere Sehnsucht, die Zerrissenheit und seinen tragischen Untergang.» Dass die Stoffwahl auf «Mozart» fiel, habe auch mit den Oberengadinern zu tun, die durch alle Schichten hindurch klassikaffin seien. Albrecht möchte sie im Theater zusammenbringen. Er selbst hat als lokaler Nicht-Internatsschüler das elitäre Lyceum Alpinum in Zuoz besucht und kennt beide Welten: die «normale» und die High Society. «In den 60er-Jahren gab es in St. Moritz den Mythos, dass der Gemüsehändler und der Milliardär gemeinsam Ski fahren und feiern.
Das ist etwas verloren gegangen, was viele bedauern», sagt Albrecht. Deshalb zeige die Alpine Theater Company «Re:Mozart» auch in der Dorfkirche. «Viele Einheimische wollen nicht in ein 5-Sterne-Hotel gehen.» Diese verschiedenen Seiten und den Beginn von St. Moritz als Tourismus-Ort will er auch in einer TV-Serie zeigen, einen Autor habe er schon.
Produzieren möchte Alexander Albrecht aber nur auf dem Niveau von internationalen Streamingplattformen. Zu gross ist die Angst vor Klischees. Wann es so weit ist, weiss er noch nicht. «Die Produktion von ‹Damengambit› hat acht Jahre gedauert.» Albrecht lacht: «Wir sind in Jahr drei, wir haben also noch Zeit.»
Re:Mozart
Premiere: So, 17.12., 17.00
Dorfkirche St. Moritz
www.atc-stmoritz.com
Alexander Albrechts Kulturtipps
Serie
Eine Frage der Chemie (Apple TV)
«Eine Chemikerin in den 1950er-Jahren moderiert eine Kochsendung, als würde sie Atome spalten. Das ist einfach nur cool.»
Literatur
Eva Gesine Baur: Mozart – Genius und Eros (C. H. Beck 2020)
«Die Autorin analysiert Mozart wie C. G. Jung und schreibt wahnsinnig gut. Nach ihr gehe ich auch meine Rolle an.»
Landschaft
Die Engadiner Natur
«Es gibt nichts Schöneres! Keine Symphonie ist perfekter als die Natur oder das Leben selbst.»