Alex Capus Grossvaters Geliebte
Eine starke Liebe, die zwei Weltkriege überdauert: Der neue Roman «Léon und Louise» von Alex Capus besticht mit Witz und sprödem Charme.
Inhalt
Kulturtipp 04/2011
Letzte Aktualisierung:
05.03.2013
Babina Cathomen
Léon hat zwei Frauen: «Eine an seiner Seite und eine im Kopf». Louise lernt er im Jahr 1918 als 17-Jähriger in einem normannischen Städtchen kennen. Das sommersprossige Mädchen mit den grünen Augen und der gepunkteten Bluse radelt auf einem quietschenden Herrenfahrrad an ihm vorbei – und wird ihn fortan sein ganzes Leben lang in Gedanken begleiten. Es ist der Anfang einer romantischen Liebesgeschichte, die kurze Zeit sp&aum...
Léon hat zwei Frauen: «Eine an seiner Seite und eine im Kopf». Louise lernt er im Jahr 1918 als 17-Jähriger in einem normannischen Städtchen kennen. Das sommersprossige Mädchen mit den grünen Augen und der gepunkteten Bluse radelt auf einem quietschenden Herrenfahrrad an ihm vorbei – und wird ihn fortan sein ganzes Leben lang in Gedanken begleiten. Es ist der Anfang einer romantischen Liebesgeschichte, die kurze Zeit später bei einem deutschen Fliegerangriff ein jähes Ende findet. Die beiden halten einander für tot und gehen ihre eigenen Wege. Léon nimmt eine Stelle als Polizeichemiker in Paris an – und Yvonne wird die Frau an seiner Seite, mit der er fünf Kinder haben wird. Wie es der Zufall will, treffen sich die ehemaligen Geliebten Jahre später in der Pariser Metro. Die Leidenschaft wird neu entfacht, doch der herzensgute Léon ist zu rechtschaffen, um seine schwangere Gattin in Kriegszeiten zu verlassen. Und das Glück, das Léon auch durch die Schrecken zweier Weltkriege begleitet, findet ihn irgendwann doch noch...
Zu dick trägt Alex Capus mit der Romantik dennoch nicht auf. Der spröde Charme und Witz des Romans entsteht unter anderem durch die distanzierte Perspektive: Léons Enkel erzählt im Rückblick die Geschichte seines Grossvaters und stellt manchmal blosse Vermutungen an, wie es gewesen sein könnte. Einen anderen Blickwinkel ermöglicht zudem das Gegenmodell zur Romantik, die Vernunftehe mit Yvonne, die auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt beruht. Stark sind beide Frauen in der Dreiecksbeziehung auf ihre ganz eigene Art.
Das Markenzeichen des Oltner Autors (z.B. «Eine Frage der Zeit») sind historische Szenerien. In «Léon und Louise» rückt das Weltgeschehen angesichts der Liebes- und Lebensgeschichte zwar in den Hintergrund. Und doch ist es stets gegenwärtig, etwa wenn sich Léon nach dem Einmarsch der Nazis in Paris bei der Arbeit auf seine sanfte Art dem Regime seines neuen deutschen Vorgesetzten namens Knochen widersetzt.
Capus, der in der Normandie geboren wurde, greift für seinen Roman auf die Geschichte seines eigenen Grossvaters zurück, der als Polizei-chemiker in Paris lebte und eine Geliebte gehabt haben soll. Und der Rest ist wunderbar leicht und flüssig erzählte Fiktion.
[Buch]
Alex Capus
Léon und Louise
320 Seiten
(Carl Hanser Verlag 2011).
[/Buch]