Was ist überhaupt geschehen, und wer ist ermordet worden? Langsam, Schicht für Schicht, nach dem Zwiebel-Prinzip enthüllt sich das Geschehen in «La chambre bleue». Ein Mann und eine Frau in einem Hotelzimmer, Blut, Schweiss und Sperma. Dann Befragungen vor einem Untersuchungsrichter, Gespräche mit einem Gefängnispsychologen, eine Gerichtsverhandlung. Der Tat – welcher? – verdächtig ist der Mann, Julien (gespielt von Regisseur Mathieu Amalric). Er weiss nicht, wie ihm geschieht.
In die Untersuchungen involviert ist auch die Frau: Bei Esther – Co-Drehbuchautorin Stéphanie Cléau, Amalrics Partnerin im richtigen Leben – handelt es sich um die verheiratete Geliebte von Julien. Verabredungszeichen für ihre Seitensprünge ist das rote Badetuch auf dem Balkon oberhalb der Apotheke, die Esther zusammen mit ihrem Mann betrieb. Dieser nämlich ist tot aufgefunden worden. Und da sind noch die Briefe, die Julien von ihr erhält. Hinweise auf eine Tat, Aufforderungen zu einer neuerlichen?
Zwei Zeitebenen
Maurice Pialat, André Téchiné und Gérard Depardieu sollen dem Vernehmen nach mit Verfilmungen des Simenon-Romans geliebäugelt haben. Bei Mathieu Amalric hat es geklappt. «Es war einfach ein Roman, der mich eine längere Zeit schon verfolgt hatte.» Der Film erzählt stilbewusst auf zwei Zeitebenen: das unmittelbare Geschehen im Jetzt und Vergangenes in Rückblenden. Das auffällige Bildformat 4:3 zeigt, im Gegensatz zum heutigen breiten und weiten Format, Enge und Geschlossenheit an.
Amalric interessierte «das Unergründliche an der Figur Esther», aber auch das eigentliche «Whodunit?», das «Wer-Wars?». Das Urteilen überlässt der Film dem Publikum. Autor Georges Simenon, der seinen Non-Maigret-Roman 1963 im waadtländischen Epalinges schrieb, liess ebenfalls offen, wer da schuldig und böse beziehungsweise gut ist.
La chambre bleue
Regie: Mathieu Amalric
Ab Do, 28.8., im Kino